BERTHA BENZ MEMORIAL-ROUTE

Deutschlands neueste Ferienstraße ehrt eine Legende

Es war in den ersten Augusttagen des Jahres 1888. Im badischen Land hatten die Schulferien gerade begonnen. Da öffnet sich im Morgengrauen in der Mannheimer Waldhofstraße fast lautlos ein großes Holztor.

Zwei Jungen schieben ein dreirädriges Gefährt auf die Straße. Ihre Mutter sitzt auf einer lederüberzogenen Holzbank an einer Kurbel und lenkt das Vehikel um die erste Kurve. Immer wieder sehen die drei nach hinten, um auch ja sicher zu sein, daß sie von niemandem bemerkt werden. Als sie sicher sind, daß sie noch immer nicht entdeckt worden sind, stellt sich Eugen, der ältere der beiden Knaben, hinter den Karren. Mit einem kräftigen Ruck dreht er an dem großen eisernen Schwungrad, das hinten quer im Wagen verankert ist – doch nichts geschieht!

Nach einem kräftigen Zug an dem Hebel, der den flachen Lederriemen von der Leerlaufscheibe auf die Arbeitsscheibe befördert, setzt sich der Motorwagen langsam in Bewegung. So beginnt eine Fahrt, die in die Automobilgeschichte eingehen wird!

Zwei Jahre zuvor hatte Dr. Carl Benz, der Ehemann von Bertha Benz und Vater der beiden Buben, in Mannheim das Automobil erfunden, den Benz Patent Motorwagen Nr. 1, aber niemand wollte das Automobil kaufen. Erst als Bertha Benz, übrigens ohne sein Wissen, zusammen mit ihren 13 und 15 Jahr alten Söhnen durch ihre Fahrt von Mannheim nach Pforzheim und zurück die Alltagstauglichkeit der pferdelosen Kutsche bewies, wurde daraus ein ungeheurer Erfolg – mit heute fast einer Milliarde Autofahrern weltweit.

Bertha Benz hat der Welt eine Mobilität gebracht, ohne die das moderne Leben auf der Erde kaum vorstellbar ist. Aber diese große Pioniertat, die dem anfänglich noch bespöttelten Automobil zum endgültigen Durchbruch verhalf, drohte in Vergessenheit zu geraten.

2007 gründeten daher Frauke und Edgar Meyer in Nordbaden eine Non-Profit-Initiative, die das Andenken an Bertha Benz bewahren möchte. Da sie von Anfang an große Unterstützung durch den Karlsruher Regierungspräsidenten Rudolf Kühner erfuhren, wurde rasch ein Verein gegründet und eine Ferienstraße ins Leben gerufen, die als Straße der Industriekultur exakt den Spuren jener ersten automobilen Langstreckenfahrt vom August 1888 folgt.

Inzwischen ist die Bertha Benz Memorial Route Mitglied im renommierten ERIH (European Route of Industrial Heritage). Die 194 Kilometer lange Strecke ist komplett ausgeschildert und kann jetzt von jedem befahren werden, der der Einladung der Initiatoren folgt, mit ihnen auf eine spannende Entdeckungsreise in die Vergangenheit zu gehen. In Wiesloch, einige Kilometer südlich von Heidelberg, ging Bertha und ihren beiden Söhnen zum ersten Mal der Sprit aus. Daher mußten die drei Automobilisten in der Stadtapotheke Ligroin kaufen, ein Reinigungsmittel, das damals als Kraftstoff diente. So wurde die Apotheke zur ersten Tankstelle der Welt – und jeder kann sie besuchen, denn sie existiert auch heute noch.

In Pforzheim, Geburtsort der Bertha Benz, erreicht die Route dann den Schwarzwald, weltweit bekannt für seine Schwarzwaldhäuser, seine Kuckucksuhren, aber auch für die Schwarzwälder Kirschtorte. Wer davon zuviel gegessen hat, genießt als Wanderer den riesigen Naturpark mit seinen tiefen Wäldern; abends bietet sich dann ein Besuch im mondänen Baden-Baden an.

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